Noch eine Finsternis (Totale Sonnenfinsternis am 21.6.2001)

Zusammen mit Anne Katzenbächer, Hella Wölbling und Eberhard von Grumbkow hielt sich der Autor in der Zeit um die Finsternis herum in der Gegend von Lusaka in Sambia auf.

 Während die Bilder noch geladen werden, könnten Sie in der Zwischenzeit den Bericht über die Sonnenfinsternis lesen!



Protuberanzen nach dem 2. Kontakt


Die volle Pracht der Korona (rechts oben der Stern 4.2 mag)


Korona kurz vor dem 3. Kontakt (die Protuberanzen unten links überstrahlen den Mondrand)


Diamantring beim 3. Kontakt


Auch nach dem 3. Kontakt war die Sonne wegen der vielen Flecken interessant





Ein noch unglaublicheres Erlebnis

Beim Bericht über die Sonnenfinsternis 1999 können Sie nachlesen, wie faszinierend diese schon war, aber die erste des dritten Jahrtausends schlug sie doch um Längen:

Schon kurz nach dem Erlebnis der SoFi 1999 begann ich mit der Planung der nächsten - aber nicht, weil ich zum "Eclipsoholic" geworden bin, wie man die Leute nennt, die möglichst jeder Totalen Sonnenfinsternis hinterherreisen - sondern weil sie sowieso in der Gegend stattfinden würde, die ich am liebsten bereise: das südliche Afrika. Angola erschien mir als zu unsicher (auch wenn ich da schon mehrmals ein paar Schritte hinein gesetzt habe), und da ich Simbabwe schon immer besuchen wollte, dachte ich zuerst an den Nordosten dieses Landes. Nun sind in der letzten Zeit dort Dinge passiert, die viele Reisende abgeschreckt haben - vor allem dann, wenn man zufälligerweise eine weiße Hautfarbe hat. Da ich vorhatte, mit Eberhard von Grumbkow dorthin zu reisen, war seine Einstellung dazu entscheidend: Er ist ein ehemaliger Farmer aus Namibia, und auch er weiß natürlich vom Schicksal vieler seiner Kollegen aus dem Nachbarland. Also kam dann nur Sambia (oder Zambia) in Frage, was denn auch eher Ruhe und Sicherheit garantieren sollte.

Nach großen Vorbereitungen wegen der Durchreise durch Botswana und Simbabwe (die beinahe unausweichlich war) gesellten sich dann noch die namibische Farmerin Hella Wölbling und die deutsche Krankenschwester Anne Katzenbächer dazu, so daß der Bakkie (Pickup) mit unserem gesamten Camping- und Beobachtungskram ziemlich voll war. Am 16. Juni ging es von der Farm "Mon Desir" in Namibia aus los, nachdem wir alle bis auf Eberhard vier Tage vorher aus Deutschland geflogen kamen. Nach zwei Übernachtungen bei Freunden in Rundu (am Kavango) und in Katima Mulilo (am Sambesi) ging es dann durch sechs Grenzposten: Raus aus Namibia, rein in Botswana, ein Stück fahren, raus aus Botswana, rein in Simbabwe, wieder ein Stück fahren, raus aus Simbabwe, rein in Sambia. Vielleicht auch wegen der vielen anderen SoFi-Touristen, die teilweise lange Schlangen an den Grenzen verursachten, waren die Formalitäten vergleichsweise harmlos und wir erreichten am Nachmittag Livingstone in Südsambia so rechtzeitig, so daß wir uns von den benachbarten Victoria Falls noch naßregnen lassen konnten.

Ziemlich schnell fanden wir auf dem gleich am Sambesi gelegenen Campingplatz Maramba Platz für unsere Zelte und trafen auch gleich eine deutsche Reisegruppe, die wie wir die Nacht am Tage zum Ziel hatten. Der Reiseleiter bot uns ein Abendessen mit der Gruppe an, aber als Gegenleistung sollte ich einen kurzen Vortrag über das bevorstehende Ereignis halten. Das tat ich dann auch, und nach meiner Vorstellung bestellten mir drei Leute gleich Grüße von meinem Freund Friedhelm Hund von der Gästefarm Hakos. Und auch weitere Bekannte vom ITV waren bei der Gruppe!

Nach einer ziemlich kalten und - wegen der Nähe zum von "Hippos" (Flußpferden) bevölkerten Wasser - ziemlich feuchten Nacht kamen wir erst gegen Mittag weiter, nachdem wir die Zelte wieder trocken hatten. So erreichten wir das 500 km weiter nördlich gelegene Lusaka erst in der Dunkelheit.

Die Landschaft auf dem Weg ist zwar ziemlich flach, aber die dichte Vegetation, die riesigen Termitenbauten und die freundlichen Menschen sind schon einen Besuch Sambias wert. Ein netter sambischer Mitarbeiter der amerikanischen Botschaft half uns noch, im Dunkeln in der Millionenstadt unsere Unterkunft zu finden, und ein Abendessen in einem Irish Pub bekamen wir auch noch.

Am nächsten Tag sahen wir uns die Stadt an und machten ein paar Besorgungen. Dabei entdeckten wir ein Finsternisplakat, das meine drei Mitreisenden sehr faszinierte. Sie hatten noch keine Totale SoFi gesehen (und vorher hatten einige auch die üblichen Äußerungen wie "Müssen wir denn dahin wegen der 100%? Reichen die 80% in Namibia nicht auch aus?" getan, die von Leuten kommen, die noch nicht begreifen, daß der Unterschied zwischen 90% Bedeckung und 100% keineswegs 10% sind...), und deshalb konnten sie nicht beurteilen, daß die dargestellte Totalität der Wirklichkeit nicht annähernd gerecht wurde. Sie würden ja noch sehen...

Am Nachmittag fuhren wir nach Norden in die Gegend von Chisamba und sahen uns dort das Gelände auf der Farm "Oribi" an, wo wir uns mit anderen zur Beobachtung treffen wollten. Direkt daneben lag der Ort des Solipse-Festivals, wo junge Leute aus der gesamten Welt zusammengekommen waren, um Spaß zu haben, Musik zu hören und sich dazu von der Finsternis inspirieren zu lassen. Auf dem Dach des Bakkies nahmen wir ein paar Anhalter mit, einer der Leute suchte etwas zu rauchen...

Benachbart zum Festival lag die Farm Fringilla, und als wir dort austiegen, traf ich gleich einen Bekannten: Sebastian Voltmer, den ich auf dem letzten ITV kennengelernt habe.

Am Abend wollten wir zur Lilayi Lodge ein Stück südlich von Lusaka, um uns mit der Reisegruppe zu treffen, mit der wir morgen auch die SoFi beobachten würden. Dabei hatten wir aber Pech, denn die waren zwar nur ein paar Kilometer weit weg, aber stattdessen auf dem "Lilayi Camp Site", so daß wir sie verpaßten. Schade, denn wir hätten auch gerne zusammen beobachtet, mit dem mitgebrachten C8 von Eberhard oder meinem 120mm-Refraktor (1000mm Brennweite). Mars stand in Sambia ein bißchen höher über dem Horizont als in Deutschland...

Auf dem Weg nach Lilayi war da noch ein interessanter Iridiumblitz: Von der Website Heavens Above hatte ich Iridiumblitze für unsere Stationen der Reise berechnen lassen. Nachdem wir auf Mon Desir schon einen gesehen hatten, sollte um 18:06 Uhr in Lusaka wieder einer zu sehen sein. Leider schafften wir es nicht, rechtzeitig in Lilayi zu sein, so daß wir noch durch die Stadt fuhren. Ich hatten meine Freunde gerade noch darauf aufmerksam gemacht, hinauszusehen, da guckte ich nach rechts aus dem Fenster (es ist Linksverkehr), während ich über die "Great Eastern Road" fuhr: Genau auf den Blitz am noch ziemlich hellen Himmel!! Als ich die Überraschung verdaut hatte und schreien konnte: "Da ist der Blitz, genau rechts!", wurde er auch schon wieder so schwach, daß ihn die anderen nicht mehr sehen konnten.

Am nächsten Morgen hatten wir zuerst ein technisches Problem mit einem undichten Hydraulikschlauch der Servolenkung des Autos zu lösen, das sich schon am Vortag bemerkbar machte. Für den Tag der Finsternis reichte das Klebeband und die umwickelte Kordel, und am folgenden Tag ließen wir das in einer Werkstatt reparieren.

Wir kamen also schon mit etwas Verspätung in Oribi an, wo bereits eine Menge Leute versammelt waren. Wir räumten unsers Zeug aus dem Auto und stellten den Refraktor auf die GP-Montierung, und dann begannen die Probleme mit dem Skysensor. Immer wieder wollte das Ding durchschwenken und fuhr wild in der Gegend herum, und erst später verhielt sich der verdammte Computer kooperativ und führte korrekt nach. Ich war zu dem Zeitpunkt sehr nervös, denn ich sah die Photos durch die Sturheit der Software gefährdet.

Gar nicht mehr so lange vor dem ersten Kontakt traf dann auch endlich die Gruppe ein, die wir am Vorabend verpaßt hatten. Dabei waren nämlich vor allem Astrid und Hans-Jörg Gallus, mit denen ich nicht nur seit weit mehr als zehn Jahren gut befreundet bin, wir hatten uns auch 1999 bei der SoFi am Balaton getroffen.

Gegen 13:51 Uhr sollte der erste Kontakt stattfinden, und tatsächlich war ich der erste, der "First Contact!" über die gemähte Wiese rief, wobei ich durch die fokal im Refraktor angebrachte Kamera starrte. Nun kam Leben in die ca. 200 Leute, von denen ca. 30 aus Italien kamen, die später nicht mit Kommentaren und Ausrufen geizten. Durch eine aufgestellte "Rettungsfolienwand" konnten mehrere gleichzeitig das Fortschreiten der Verfinsterung verfolgen, was im Teleskop wegen der vielen Sonnenflecken besonders reizvoll war. Die Temperatur war beim ersten Kontakt 23.8 °C und fiel nun langsam. Südlich bereitete uns der Qualm eines nahen Veldfeuers (Buschfeuer) Sorgen, der glücklicherweise aber nicht vor der Sonne vorbeizog.

Langsam begannen die Begleitphänomene der Verfinsterung auf sich aufmerksam zu machen: Die sichelförmigen Lichflecken unter Bäumen, die immer schärfer werdenden Schatten von Menschen und Gegenständen, und vor allem die nachlassende Wärmestrahlung der Sonne. Die Augen paßten sich der immer stärkeren Dunkelheit an, so daß man gar nicht gleich merkte, daß es dunkel wurde. Die Farben wurden merkwürdig blasser.

Auf dem Boden hatten wir wieder unser "Fliegende-Schatten-Device" installiert (das weiße Bettuch...), und die Videokamera sollte diesen Effekt festhalten.

Die letzten Minuten vor dem 2. Kontakt ließen die Spannung steigen, und eine ganze Weile vorher tauchte Jupiter auf: "Giove!!", kam es von der italienischen Truppe. Da kamen auch die fliegenden Schatten, ganz deutlich: Es sah aus wie Licht, das durch ein Feuer oder aufsteigende heiße Luft fällt, und wabernd krochen diese Erscheinungen über den Boden. Da verschwand auch schon die Sonne ganz schnell, der Diamantring blitzte auf, und die Aufschreie begrüßten die Korona. Eine Korona, die so atemberaubend schön war, so strukturiert und überwältigend, daß ich es nicht fassen konnte. Um es vorweg zu nehmen, die Finsternis schlug mich so in den Bann, daß ich meine Digitalkamera völlig vergaß, die Videokamera nur auf die Sonne gerichtet ließ und auch durchs Teleskop eine Reihe Aufnahmen hätte besser machen können.

Bei der "umlaufenden Dämmerung", die sich überall am Horizont zeigte, beobachtete ich, daß sie im Westen zuerst viel niedriger war, weil zu Beginn der Totalität dort die Schattengrenze weiter entfernt war. Nahe neben der Sonne war Jupiter sofort zu sehen, auch Sirius und Canopus habe ich erkannt. Auf allen Photos der Korona ist ein Stern der Größe 4.2 zu erkennen, den ich im Teleskop aber nicht bewußt gesehen habe.

Die Korona war überwältigend, wobei für meinen Geschmack die Protuberanzen etwas zurücktraten. Sowohl am oberen Rand als auch rechts waren deutlich welche zu erkennen, wobei rechts eine "abgelöst" war, also keine Verbindung mehr zur Sonnenscheibe hatte. Gegen Ende der Totalität tauchte unten links eine ganze Wand niedrigerer Protuberanzen auf, bevor sich dann dort auch der Diamantring des 3. Kontaktes zeigte. Wir sahen uns alle auch die Sonne im Refraktor an, doch der Anblick im Feldstecher und mit dem bloßen Auge war nicht zu überbieten.

Als dann die Sonne wieder heraus kam, war die einhellige Meinung, daß es - wieder mal - viel zu kurz gewesen sei. Viele meinten sogar, diese SoFi sei kürzer als die 1999er gewesen. Stimmt natürlich nicht: Auf dem Videoband sieht man deutlich, daß es ca. dreieinhalb Minuten waren, und vor allem der Ton dieser kurzen Zeit ist interessant. Das Bild ist nicht so toll, denn auch die Videokamera hatte ich beinahe vergessen. Mit einem Weitwinkelobjektiv gelangen mir aber ein paar Aufnahmen des Horizontes mit der Dämmerung, und auf einem ist die Sonne mit Jupiter ganz gut zu sehen.

Zwischen dem 3. und 4. Kontakt wurde das Minimum der Temperatur erreicht, die nach der Totalität noch eine ganze Weile gefallen war: 12.2 °C, also ein Abfall um 11.6 °! Es wurde also zuerst noch kälter, und das bekamen wir am Abend dann zu spüren. Leider fuhr die Gruppe mit den Gallus zurück nach Lilayi, und wir wollten nicht wieder das Teleskop ab- und dort wieder aufbauen. Also blieben wir in Oribi, wo wir mit einigen Niederländern noch beobachteten. Auch deutsche Reisende, die mit einem Rotel-Bus nach der SoFi ankamen, bekamen noch einige Sterne von uns gezeigt. Die Sonne stand ohnehin schon ziemlich tief, als die Finsternis vorüber war, und so erholte sich die Temperatur kaum mehr. Schon gegen 19 Uhr zeigte das Thermometer beinahe Null Grad, und kurz danach war es so naß vom Tau, daß es gar nichts mehr anzeigte. Die Optiken beschlugen, und zähneklappernd mußten wir einpacken.

"Afrika ist ein kalter Kontinent mit heißer Sonne", hat mir jemand gesagt. Und wenn die Sonne dann noch fehlt, dann siegt die Kälte um so mehr.

Am nächsten Morgen ließen wir das Auto richtig reparieren, und der Besitzer der Werkstätte entpuppte sich als Deutscher aus Issum am Niederrhein. So ging es dann wieder Richtung Süden, und nach einem unfreiwilligen Abstecher Richtung Lake Kariba wegen einer Abzweigung ohne Schild erreichten wir in der Dunkelheit Livingstone. Dort hatten wir schon auf dem Hinweg eine Unterkunft gebucht und ersparten uns das Aufstellen von Zelten usw. Am nächsten Morgen schloß ein Hubschrauberflug über die Victoriafälle des reichlich Wasser führenden Sambesi den Aufenthalt in Sambia ab.

Auch der weitere Rückweg durch die Grenzstationen und den Caprivi-Zipfel Namibias verlief problemlos und mit interessanten Eindrücken. Da wir unterwegs nicht immer so viel Gelegenheit zum Beobachten hatten wie gehofft, waren wir froh, daß wir auf dem Weg nach Swakopmund an der Küste Namibias noch eine Campingübernachtung an der Spitzkoppe eingeplant hatten. Dort konnten wir bei angenehmen Temperaturen bis tief in die Nacht hinein beobachten - vor Sonnenaufgang waren es 15 °C und weniger als 20% rel. Luftfeuchtigkeit, also keine Probleme mit Beschlagen von Optik und nassem Zelt. Gleich am Morgen ging es nach Swakopmund, wo ich meine Filme entwickeln ließ, denn am Abend war ein Diavortrag im örtlichen Museum angesagt. Auch das Video konnte ich dort zeigen.

Um die Reise zu komplettieren, ging es danach zur Gästefarm Hakos, wo ich auch Gelegenheit hatte, den Kometen C/2001 A2 LINEAR im Cetus zu photographieren. Übrigens stand Mars in Namibia knapp 90° hoch, war also ein bißchen besser zu beobachten als in Europa.



Noch ein paar Eindrücke von der Reise und dem Tag der Finsternis:



Abend am Sambesi


Die Viktoriafälle bei Sonnenuntergang


Nur aus der Luft...


...kann man die gesamte Größe...


...der Viktoriafälle erkennen


Sichelförmige Lichtflecke unter einen Baum und Sonnensicheln durch Löcher in einem Stück Pappe


Das letzte Bild vor der Totalität: Die Kamera meint schon, blitzen zu müssen


Spiele mit scharfen Schatten auf dem Fliegende-Schatten-Device


Gespanntes Beobachten


Montage von vier Weitwinkel-Aufnahmen der "umlaufenden Dämmerung" (hier müssen Sie schon scrollen!)


Das Beobachtungsteam (von links:) Astrid und Hans-Jörg Gallus, Eberhard von Grumbkow, Hella Wölbling, Frank P. Thielen und Anne Katzenbächer






Tolle Bilder und Berichte über die SoFi finden sich auch hier:

Bericht mit vielen Bildern von Markus Burch, der im Flieger nach Windhoek neben mir saß

Bericht mit vielen Bildern und Animationen von Uwe Reimann, der während der Finsternis beinahe neben mir stand

Bilder von Sebastian Voltmer

Berichte und Bilder auf astronomie.de

Berichte, Bilder und Links auf der Seite von Daniel Fischer


Haben Sie auch etwas gesehen und erlebt? Mailen Sie mir Ihren Link!
 
 

Alle Bilder und Texte Copyright © Frank P. Thielen 2001
 

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Erstellt: 13. 7. 2001
Zuletzt aktualisiert: 24. 2. 2007